DIY ist mehr als eine Freizeitbeschäftigung. Do It Yourself steht für eine Praxis, in der Menschen Räume, Ideen und Strukturen selbst gestalten – jenseits institutioneller Grenzen. In Dresden zeigt sich diese Form der Selbstorganisation in Werkstätten, Ateliers, Hausprojekten, Proberäumen, Repair Cafés, Subkulturorten und urbanen Initiativen. Zwischen Werkbank und Kulturort entstehen hier Freiräume, die Kultur als gemeinschaftliche Aufgabe verstehen – unabhängig, zugänglich, lebendig.
Gerade in einer Stadt wie Dresden, in der räumliche, soziale und finanzielle Ressourcen für unabhängige Kulturakteur:innen begrenzt sind, spielt DIY eine besondere Rolle. Es ist eine Form des Selbermachens, aber auch des Selbergestaltens: von Räumen, Inhalten und Strukturen.
Zwischen Improvisation und Infrastruktur
Ob die geh8 Kunstraum und Ateliers e. V. mit ihren gemeinschaftlich betriebenen Werkstätten, Ateliers und Ausstellungen in einer ehemaligen Bahnhofsruine, der konglomerat e. V. mit seinen offenen Werkstätten, Stadtprojekten und kollektiven Designprozessen oder der riesa efau. Kultur Forum Dresden, das seit Jahrzehnten selbstorganisierte Kunst-, Bildungs- und Kulturprojekte ermöglicht – Dresden hat eine vielfältige DIY-Landschaft.
Viele dieser Orte sind aus Eigeninitiative entstanden: aus Leerstand, aus Bedarf, aus Gemeinschaft. Sie zeigen, dass Kulturproduktion nicht immer institutionell sein muss, sondern auch als soziales, künstlerisches und politisches Handeln von unten funktioniert.
DIY ist dabei nicht gleichbedeutend mit Improvisation oder Chaos. Im Gegenteil: Es entstehen funktionierende Strukturen, kollektive Entscheidungsprozesse und solidarische Formen der Teilhabe. Die Werkbank wird zum Begegnungsraum, die Ausstellung zur Mitmachplattform, der Club zur Community-Küche. DIY ist gelebte Kulturarbeit.
Widerstand gegen Verwertungslogik
DIY-Orte sind oft eine Reaktion auf das, was fehlt: bezahlbare Räume, niedrigschwellige Zugänge, Anerkennung jenseits klassischer Kulturinstitutionen. Sie sind Antwort auf eine urbane Entwicklung, die auf Aufwertung und Verdrängung setzt, auf eine Kulturförderung, die professionelle Antragstellung, Netzwerke und Ressourcen voraussetzt.
Stattdessen entsteht hier eine Praxis des „Commoning“: Wissen, Werkzeuge und Verantwortung werden geteilt. Ob Fahrrad-Selbsthilfewerkstatt, Offspace oder temporäre Stadtinitiative – hier wird Kultur als gemeinschaftlich getragene Praxis sichtbar.
DIY als Kulturarbeit
Auch wenn viele dieser Orte nicht als „Kultureinrichtungen“ gelten, leisten sie einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Bildung, zur Teilhabe und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt. Hier wird gelernt, vermittelt, ausprobiert. Hier entstehen kollektive Erfahrungen und neue Narrative.
Gleichzeitig arbeiten viele DIY-Initiativen unter prekären Bedingungen: mit wenig Geld, oft ehrenamtlich, ohne Planungssicherheit. Kulturpolitisch braucht es deshalb neue Förderinstrumente, die selbstorganisierte Orte stärken, statt sie in formale Raster zu pressen.
Dresden DIY: Orte, die bleiben müssen
DIY in Dresden ist keine Randerscheinung, sondern ein wesentlicher Teil der Stadtkultur. Von der offenen Werkstatt bis zum temporären Pop-up-Projekt, von der alten Fabrikhalle bis zur improvisierten Bühne – diese Orte sind lebendige Kulturorte.
Umso dringlicher ist es, sie zu sichern: durch langfristige Raumzugänge, strukturelle Förderung und politische Sichtbarkeit. Denn DIY ist nicht nur eine Methode, sondern ein Gegenentwurf zur kulturellen Verwertungslogik – offen, solidarisch, eigenwillig.
Zahlreiche Mitglieder des Netzwerk Kultur Dresden arbeiten nach diesen Prinzipien: selbstorganisiert, kollaborativ und mit dem Anspruch, Kultur für viele zugänglich zu machen. Dazu zählen u. a. das Zentralwerk, die geh8 Kunstraum und Ateliers e. V., der konglomerat e. V., das riesa efau. Kultur Forum Dresden sowie temporäre Initiativen wie Pop-up-Stores und Gemeinschaftsateliers, die immer wieder neue Freiräume in der Stadt erschließen.
Fazit: DIY-Orte sind Labore für das Morgen
DIY in Dresden zeigt, dass Kultur nicht nur auf große Bühnen angewiesen ist. Manchmal reicht ein Kellerraum, ein leerstehendes Ladenlokal oder ein alter Bauwagen. Entscheidend ist das Prinzip: gemeinsam statt allein, selbstermächtigt statt fremdbestimmt, offen statt exklusiv.
Gerade in Zeiten wachsender Unsicherheit sind DIY-Orte Labore für das Morgen. Sie bieten nicht nur Lösungen für akute Probleme – wie Raumknappheit oder Zugangshürden –, sondern schaffen auch neue Modelle des Zusammenlebens, Lernens und Produzierens.
DIY ist keine Lösung für alles. Aber eine Erinnerung daran, dass Kultur von unten kommt – und dass man sie selbst in die Hand nehmen kann.
