Kultur fair finanzeren

Aufruf

Situation der freien Kulturszene in der sächsischen Landeshauptstadt

Die kulturelle Vielfalt Dresdens gehört zum alltäglich gelebten Selbstverständnis und ist Wirtschaftsfaktor der Stadt. Dresden hat diese Vielfalt verdient. Was ist jedoch mit jenen, die seit Jahren diese Vielfalt hervorbringen und mitgestalten?

Wir, die Vertreter der freien Kulturszene, arbeiten mit Herzblut für die geistige Auseinandersetzung, künstlerische Aneignung und kulturelle Bildung in der Stadtgesellschaft aus unterschiedlichen Sicht- und Arbeitsweisen. Wir flankieren und ergänzen in erheblichem Maße die Kulturarbeit der städtischen Einrichtungen und fügen ihr vor allem Facetten hinzu, die für das Kulturleben einer Stadt wie Dresden unverzichtbar und zum internationalen Aushängeschild geworden sind. Wir erzielen einen hohen Regionaleffekt bei der Realisierung von Projekten, indem wir maßgeblich Aufträge an Dresdner Wirtschaftsunternehmen vergeben und mit internationalen und überregionalen Besuchern den Tourismusstandort Dresden stärken.

Seit vielen Jahren wird in Politik und kulturpolitischem Diskurs in Dresden neben der Notwendigkeit der Kultur an sich auch die Bedeutung von Kulturaktivitäten betont, die insbesondere auf ehrenamtlichem Engagement sowie auf der Arbeit von Freiwilligen, Freiberuflern, Praktikanten und Angestellten in freien Kulturträgern beruht. Der Kulturentwicklungsplan zeigt diesen hohen Stellenwert von frei getragener Kunst und Kultur in unserer Stadt auf.

Dieser gesellschaftlichen Wertschätzung und politischen Beteuerung, wie bedeutend die Schaffung kulturellen Mehrwertes für die Stadt Dresden sei, widersprechen die in der freien Kultur gezahlten Arbeitsentgelte.

Freiberufliche – z.B. Künstler, Kursleiter, Techniker – sind in der Regel deutlich unterbezahlt. Die angestellten Mitarbeiter erhalten im Durchschnitt nur zwei Drittel des Gehalts, das ihnen nach Qualifikation und Arbeitsleistung gemessen an einer Entlohnung im öffentlichen Dienst zustehen würde. Gerade Teilzeitangestellte verdienen, rechnet man die Überstunden hinzu, für ihre Arbeitsstunden mitunter weniger als den Mindestlohn. Die außerordentlich hohe Zahl von unbezahlten Überstunden in den Einrichtungen macht die die Arbeits‐ und Lohnsituation massiv verschärfende Stellenproblematik deutlich. Die Arbeit von Praktikanten kann oft nicht vergütet werden.

Dem sei hinzugefügt:
Wer als Freiberufler trotz Qualifikation und Fähigkeiten Honorare unter dem wirtschaftlichen Minimum hinnehmen muss, riskiert die Absicherung über die Künstlersozialkasse, ist oft auf ergänzende Hilfen aus dem Sozialsystem angewiesen und perspektivisch von Altersarmut bedroht. Auch Angestellte in der freien Kultur sind auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen.

Wir fordern:

•  Aufstockung der Fördermittel für eine adäquate Honorierung für Freiberufler bei geförderten Projekten

•  Aufstockung der Fördermittel, damit freie Kulturträger Freiberufler adäquat honorieren können

•  Aufstockung der Fördermittel, damit freie Kulturträger angestellte Mitarbeiter tarifgerecht
entlohnen können (wie im Jugend- und Sozialbereich bereits realisiert),

•  Aufstockung der Fördermittel, damit freie Kulturträger Praktikanten gesetzeskonform vergüten können

•  Aufstockung der Fördermittel, damit freie Kulturträger realistische Arbeits- und Stellenpläne umsetzen können

Damit sich Dresden als würdige Kulturhauptstadt in Europa zeigen kann, muss sie die Lage ihrer freien Kulturschaffenden deutlich aufwerten und die Voraussetzung für faire Arbeits- und Produktionsbedingungen schaffen. Nicht mit Worten, sondern mit umgesetzten demokratischen Beschlüssen!

Statt eines Ausblicks:
Die Landeshauptstadt deklariert das Jahr 2015 zum Themenjahr „Dresden – weltoffene Stadt der Kreativen“ und plant im Kulturhaushalt eine Kürzung um mehr als eine halbe Million Euro.

Wir rufen die kulturpolitischen Entscheidungsträger in unserer Stadt auf, eine Reduzierung des Kulturetats nicht zuzulassen und ihre Verantwortung für die Daseinsvorsorge der Kreativen wahrzunehmen!

Hier der Aufruf zum download: AUFRUF_KULTUR_FAIR_DRESDEN