Auch im Neuen Jahr laufen Menschen durch unsere Stadt und lassen unter dem Vorwand, eine christliche Kultur beschützen zu wollen, derer sie selbst offenbar kaum mächtig sind, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus gegenüber Flüchtlingen freien Lauf.
Neben den Organisatoren, neben rechten Gruppen, Nazis, Hooligans laufen auch Menschen mit, die keiner dieser Gruppen direkt zuzurechnen sind. Sicher, diese sind keine Nazis. Aber sie sind Mitläufer. Sie sorgen dafür, dass dieser Begriff nach vielen Jahren wieder konkret und unmittelbar erfahrbar wird. Ohne die Nazis der 1930er Jahre hätte es keine Zerstörung Dresdens gegeben. Ohne die Mitläufer der 1930er Jahre hätte es ebenfalls keine Zerstörung Dresdens gegeben.
Als die Stadt am 13. und 14. Februar 1945 bombardiert wurde, war sie voller Flüchtlinge. Diese waren in der Stadt nicht allgemein willkommen. Nach dem Bombardement wurden zudem viele Dresdner zu Flüchtlingen und machten an anderen Orten oder auch innerhalb ihrer Stadt als Ausgebombte ähnliche Erfahrungen.
Heute ist Dresden eine wieder verhältnismäßig reiche Stadt. Gemessen an der Situation 1945 und auch im Verhältnis zur Einwohnerzahl ist die Anzahl der Flüchtlinge wie überhaupt von Migranten in der Stadt verschwindend gering.
Kaum ein Dresdner von Heute kennt die Situation als Flüchtling und die Not am Ende des letzten hiesigen Krieges noch aus eigener Erfahrung.
Statt sich aber der Situation der eigenen Eltern oder Großeltern zu erinnern, statt zu fragen, was zu tun sei, damit die heutigen Flüchtlinge in der für sie fremden Umgebung und Kultur heimisch werden können, statt zu überlegen, wie mit Problemen, Missverständnissen oder auch Gefahren umgegangen werden kann und sollte, folgen nun Nachfahren der damaligen Flüchtlinge diffusen Ängsten vor Fremden, stehen öffentlich für Ablehnung, ja letztlich sogar Feindseligkeit gegenüber Menschen, die heute vor den Grausamkeiten von Krieg und religiösem Fanatismus geflohen sind.
Es gibt aber auch viele andere Stimmen von Menschen, die gern bereit sind, sich in einen Austausch mit Flüchtlingen und Neuangekommenen zu begeben. Kunst und Kultur bieten da besonders geeignete Mittel, um Distanzen zu überwinden. Das gemeinsame Erleben und Mitgestalten von Kunst und Kultur verbindet Menschen in Dresden auf kreative Art und Weise – egal, ob sie schon länger hier wohnen oder als Flüchtlinge eben erst ankommen. Öffnen wir unsere Türen für sie und nehmen sie in unsere Mitte auf! Reichen wir Ihnen die Hand zur gemeinsamen Zukunft!
Das wird unsere Stadt verändern, und wir wissen heute noch nicht genau, wie sie in zehn oder zwanzig Jahren aussehen wird. Aber: Nur wer aufgeschlossen und positiv nach vorn schaut, hat gute Chancen, die Zukunft kreativ mitzugestalten. Die Veränderung kommt ohnehin.