Am Freitag, den 19. November 2021, wurde von der Sächsischen Landesregierung ein sogenannter „harter Wellenbrecher“ beschlossen, um die Fallzahlen in Sachsen, die Verbreitung des Virus und die Krankenhausauslastung zu reduzieren. Dies können wir verstehen. Dass diese harten Maßnahmen nun aber vor allem erneut die Kultur betreffen, können wir nicht nachvollziehen.
Bereits im August wurden in seriösen Medien Hochrechnungen veröffentlicht, die für den Monat Oktober 2021 Inzidenzen von 500 und mehr voraussagten. Seit Beginn der Pandemie waren Kultureinrichtungen unter den ersten Orten, die schließen mussten – mit jedem neuen Lockdown. In den Lockdown-freien Zeiten haben sich genau diese Einrichtungen stetig bemüht, die vom Staat vorgegebenen Hygienemaßnahmen umzusetzen, haben mit eingeschränkten Kapazitäten ihre Türen wieder geöffnet, Veranstaltungen verschoben oder nach draußen verlegt und seither mit erheblichen Besucher:innen- und Einnahmeeinbußen zu kämpfen.
Warum schließt der Freistaat pauschal Kultureinrichtungen, da er sich doch auch als Kulturstaat definiert? Warum gibt es keinerlei Differenzierung zwischen den unterschiedlichen Angeboten? Ein Tanzkurs, ein Theaterbesuch, ein Workshop im Freien, ein Ausstellungsbesuch sind sehr unterschiedliche Aktivitäten. Was sind die moralischen Auswirkungen dieses allzu pauschalen Vorgehens? Kultur insgesamt als disponible Verfügungsmasse? Wie steht es um Kulturen des Umgangs, um politische Kulturen vorausschauenden Agierens?
Zu den moralischen kommen die wirtschaftlichen Fragestellungen für freie Kultureinrichtungen. Erreichen pekuniäre Hilfen z.B. Klubs überhaupt und rechtzeitig? Auch öffentlich geförderte Einrichtungen stehen oft im Dilemma. Es werden nicht selten hohe Eigeneinnahmen vorausgesetzt, doch ein Umsatzrückgang um 30% ist wegen Projekt- oder institutionellen Förderungen nicht zu konstatieren. Der aber wäre Voraussetzung zum Hilfspaket III der Bundesregierung. Kurzarbeit? Wer macht dann die Um- und Neuplanungen für die Zeit einer eventuellen Öffnung? Die Mitarbeiter:innen im Planungs- und Durchführungsbereich haben jetzt einen wesentlich höheren Arbeitsaufwand als in normalen Zeiten. Und einen destruktiveren. An eine Dauer von drei Wochen können wir nicht glauben. Die Einschränkungen im vergangenen Jahr geben einen Rahmen für das, was uns erwartet.
Dies alles unter den Bedingungen einer bereits in vorpandemischen Zeiten exzessiven Unterbezahlung bei den meisten Institutionen der freien Kultur.
Wir fordern insbesondere für die freie Kultur insgesamt angepasste Unterstützungen, egal ob die Träger eine öffentliche Förderung erhalten oder nicht. Wir fordern, dass die Sächsische Aufbaubank ihre Nachprüfungen zumindest im Kulturbereich zu den Liquiditätshilfen 2020 einstellt. Durch den damals risikofreieren Sommer waren viele Kulturbetriebe im Referenzzeitraum liquider, als erwartet, haben aber das Geld im Lockdown ab November 2020 dringend gebraucht.
Wir fordern von der Staatsregierung ein verantwortungsvolleres Umgehen mit der pandemischen Situation hinsichtlich kultureller Einrichtungen. Also ein verantwortungsvolles und vorausschauendes Regieren mit einem Blick, der weiter ist, als nur der auf die kommenden zwei Wochen.
Wir fordern ein Verständnis für kulturelle Belange.
Gern bieten wir uns als Berater:innen für kulturelle Belange an.